Sonntag, 11. Februar 2007

Von Mammuttouren und Geldwaescherei

Sonntag Nacht
Hui, soviel Japanisch wie heute hatte ich auch noch nicht. Kaisei ist seit dem Morgen bei der Hochzeit eines Freundes (und wird so schnell und aufrecht auch nicht zurueckkommen) und so habe ich heute mit seinen Eltern einen Ausflug nach Kamakura gemacht. Die zwei trifft man Verpflichtungen wegen offenbar nur am Wochenende in trauter Gemeinsamkeit an. Gegen Elf ging es per Auto Richtung Kamakura. Die ersten Kilometer im Auto waren etwas verwirrend. Ich hab noch nie Linksverkehr gesehen und bis gestern haette ich auch nichts besonderes auf diese Erfahrung gegeben. Wenn man dann aber auf vom Ruecksitz aus in einer Kurve ein Auto auf sich zukommen sieht, an dessen Steuer kein Fahrer sitzt... *g* Den Tag ueber hab ich dann mal darauf geachtet, ob man irgendwo auch europaeische Varianten der Autos zu sehen bekommt. Und tatsaechlich, mit ein bisschen Glueck sieht man welche. Jedenfalls wenn man nicht gerade abgelenk ist durch die Rikscha-Schlepper, die mehr oder weniger aktiv am Strassenverkehr teilnehmen und mit ihrem eifrigen Bemuehen ihre Kunden zu ziehen ein ziemlich witziges Bild abgeben. Was im Strassenverkehr schon wieder typisch japanisch ist, sind die Krankenwagen. Als ob eine laute Sirene nicht ausreicht, werden anderen Verkehrsteilnehmern auch noch per Megaphon auf dem Dach Achtungsaufrufe zu teil.

Nach Kamakura zu gelangen erfodert eine laengere Fahrt durch Yokohama. Gute Gelegenheit, etwas die Stadt kennen zu lernen. Was als erstes auffaellt: als sich die Stadt mit Beginn der Meiji-Zeit zur Grossstadt ausbreiten wollte, musste sie feststellen, dass einige Huegel im Weg waren. An einigen Stellen geht es in erstaunlichen Winkeln hoch und runter, was den Vorteil hat, dass man an den hoeheren Stellen einen weiten Blick ueber die Stadt erhaelt. In Yokohama ist, verglichen mit Tokio, alles eine Nummer kleiner. Die Hochhaeuser sind nicht ganz so hoch, die Haupstrassen nicht ganz so breit und die bunten Reklame-Tafeln nicht ganz so schrill. Es gibt viele engere Strassen, die durch das Auf-und Ab etwas sehr Eigenes, beinah Beschauliches bekommen. Die grosse Hauptstrasse, auf der wir Yokohama heute durchquert haben, zeigt freilich ein anderes Bild. In einer an Monotonie grenzenden Aehnlichkeit zieht sie sich kilometerlang durch die Stadt. Sie ist nicht langweilig oder farblos, aber sieht von vorne bis hinten beinah gleich aus. Flachdachbauten verschiedenster, ungeordneter Hoehe saeumen gleichmaessig den Wegesrand. In ihnen finden sich Geschaefte oder Wohnungen, sie sind mit Werbetafeln oder Vorgaerten verziert, durchaus auch gleichzeitig. Und Yokohama wurde ganz offensichtlich (und wie mir Kaisei bestaetigt hat) voellig planlos gebaut. Strassenzuege mit einheitlichen Reihenhaeusern muss man eine Weile suchen. Hoch neben niedrig, alt neben neu, kulturelles Angebot neben Bruchbude, typisch japanische, kleine Einfamilienhaeuser neben Parkplatz oder Buerogebaeude. Verwinkelte Gassen wechseln sich ab mit Kreuzungen, die mehrspurig der Blechlawine den Weg vorgeben. Einige Stellen schauen ohne Witz wie tiefste DDR aus, andere sind moderne Grossstadt-Viertel und dazwischen steht manchmal nur ein pflichtbewusster alter Polizist und regelt den Verkehr.



.....................Yokohama vom Ruecksitz


Yokohama hat so um die 3 Millionwn Einwohner und so dauert es eine Weile, bis man durch den dichten Verkehr nach Kamakura vorgestossen ist. Den fliessenden Uebergang von einer zur anderen Stadt bemerkt man am ehesten durch den Baustil und die Strassenbreite. Alles wird wieder etwas kleiner und beschaulicher. In Kamakura, suedlich von Yokohama und Tokio gelegen, geben sich die Tempel die Klinke in die Hand. Aris Reisefuehrer spricht von 19 Shinto-Schreinen und 65 buddhistischen Tempeln. Einige Anlagen befinden sich quasi am Strassenrand, der Rest verteilt sich auf das Stadtgebiet, das abseits der Hauptstrasse teilweise einen recht doerflichen Charakter hat. Viele eher enge Wege fuehren in kleine Gruenanlagen und zu Fuss oder mit den Rad kann man den ganzen Tag Extreme-Tempel-Wechsling spielen. Vier von ihnen standen heute fuer mich auf dem Programm. Der erste war der Kenchoji. Bilder sagen mehr als Worte, hier ein paar Impressionen. Wunderschoen.









...................................Kenchoji


Nach diesem Besuch stand erstmal Verpflegung auf dem Plan. In der Innenstadt Kamakuras liefen meine Gasteltern nach einiger Suche ploetzlich schnurstracks auf ein McDonalds zu. Die werden doch nicht...? Wir naehern uns weiter. Tatsaechlich sie gehen.... huch, die kleine unscheinbare Treppe direkt neben McDonalds hinunter, vorbei an aus Plastik in Wandschraenken nachgebildeten Speisen direkt in ein klassisches japanisches Restaurant. Stilecht mit flachen Tischen und Tatami-Matten. Klasse. Ich war aehm... grosszuegig war und meine liess meine Gastgeber die Speisen waehlen (ok, ok, mit dem einen oder anderen Kanji hatte ich Probleme... *hust*). Letztendlich gab es Zarusoba und Donburi.
Genau!
...
Gut, ich habe die Namen gerade noch mal nachgeschlagen. (Poeh!)
Ersteres sind kalte Nudeln, auf einem Bambusgestell serviert, dazu eine Tunke und das andere ist eine Schuessel, unten gefuellt mit Reis, darueber Huehnerfleisch in einer Schale aus gebratenem Ei, mit einem milden, fast sueeslichen Einschlag. Sehr lecker.


...............................fehlt schon was ^^


Dann der heutige Hoehepunkt. Mit der Bahn waren wir einige Stationen Richtung Sueden gefahren um dann mit einem grossen Menschenstrom zur Anlage des Daibutsu, des Grossen Buddhas, vorzudringen. Die ueber 13 Meter hohe, bronzene Statue, die im 13. Jahrhundert beinahe zum Staatsbankrott gefuerht haette, wenn ich mich recht entsinne, ist jede Lauferei wert. Beeindruckend ruht sie auf ihrem Steinsockel umgeben von der Tempelanlage. Erfurcht
gebietend steht sie vor einem und man kann nicht umhin, beeindruckt und fasziniert zu sein.
Wie auf den Bildern zu erahnen, kann man die Staue sogar "betreten", was ich aber aufgrund der langen Schlange erst gar nicht versucht habe.



In diesem Bild haben wir einen Buddha versteckt. Finden Sie ihn!





Die dritte Station heute war der Zeni-Arai-Benten-Schrein. Nach einem steilen Weg im Gruenen biegt man in einen Hoehlendurchgang ab. Auf der anderen Seite befindet sich eine kleine Schreinanlage. In einer Felsnische sieht man eine Art laengliches Wasserbecken in dem in kleinen Bastkoerben Hartgeld rituell gereinigt werden kann. Meine Gastmutter meinte zu mir: "Wenn man das macht, faellt Geld vom Himmel" (formschoen mit einer to-Konditionalkonstruktion ;) .

Aufgedeckt. Japans Mafia bei der Geldwaesche...



Die letzte Station war, tada, eine Schreinanlage. Urspruenglich gar nicht geplant, weckte ein sehr grosses rotes Holztor meine Neugier und so aenderten wir spontan die Richtung. Ich habe den Namen vergessen und der Reisefuehrer schweigt dazu, aber ich werd es schon wieder herausfinden. Das ganze war laenglich angelegt. Nach dem Tor fuehrte eine Holzbruecke in die Anlage, an deren Ende eine hohe Treppe die Besucher zu einem reichverzierten Tempel brachte. Im Inneren flogen im Sekundentakt Muenzen in ein Becken und die Werfer vollfuehrten anschliessend eine kleine Gebetsgeste.



Danach ging es noch in ein weiteres Restaurant, diesmal mit ziemlich westlichem Essen, aber freilich auf japanische Art serviert (dazu muss noch gesagt werden: haengt die Englaender! Wer die Idee eines blutigen Steaks in die Welt heraustraegt, verdient eine zweite Luftschlacht... (und wenn ich ab morgen nicht mehr schreibe, hatte der Verfassungsschutz Leute in Japan...)).

So der Tag. Was die Zeitverschiebung anbelangt, so muss ich mich erst mal korrigieren. Ich war irgendwie auf 7 Stunden aus, tatsaechlich sind es aber freilich 8. In diversen Reisefuehrern liest man immer wieder von Anpassungsschwierigkeiten und sogar gesundheitlichen Beeintraechtigungen in den ersten Tagen. Ich kann nichts dergleichen berichten. Ich bin gestern nach dem kleinen Rundgang in Yokohama am spaeten Nachmittag fuer in paar Stunden ins Bett, bin zum Abendessen wieder aufgestanden und hab dann noch bis spaet abends am Computer gesessen. Und heute bin ich zwar ziemlich geschafft, aber das liegt eindeutig am Mammut-Programm dieses Sonntages.


Thomas,
der die meisten seiner Saetze inzwischen mit "ne" beendet, ne

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Thomas,

nur damit du nciht denkst, daß du das ganze Zeug umsonst schreibst. Es gibt gespannte Mitleser. Ausserdem bin ich beruhigt, daß du zumindestens den Hinflug überlebt hast. Das ist schonmal die halbe Miete.

Und beeile dich, ohne Trimdar wirds früher oder später Tote geben.

Gruß nach Japan,
Karsten

Anonym hat gesagt…

Danke. :)

Na ja, vermutlich wird es auch mit Trimdar frueher oder spaeter Tote geben... auf die ein oder andere Weise ;)

Anonym hat gesagt…

Es lesen schon viele mit XD ... Man ist allerdings so gebannt von den Eindrücken, die du vermittelst, dass man sich nicht traut was zu schreiben ^_~

Ich hab den Buddha übrigens gefunden. Vorne links XD.

Greetz
Sören