Mittwoch, 14. Februar 2007

Von verstossenen Muelleimern und gemeinnuetzigen Rolltreppen

Mittwoch Nacht


Heute ging es mitten hinein nach Tokio. Nachdem ich wie jeden Tag wieder zu einer unmenschlichen Zeit (diesmal 11 Uhr) aufgestanden war, ging es fruehstueckslos ins Stadtleben. Erstes Ziel: eine taugliche Nahrungsquelle. Im Lumine-Gebaeude des Bahnhofs Yokohama konnte man auf 2 grossen Etagen verteilt eine halbe Weltkarte durchprobieren. Nachdem Kaiseis Spanier an meinem Veto scheiterte, ging es in ein kleines japanisches Restaurant. Keines von den alten wie vor ein paar Tagen - in Deutschland waere es aeusserlich wahrscheinlich als Cafe durchgegangen. Laut Kaisei koenne man hier besonders Gesundes essen. Die Speisekarte bot nur wenige Moeglichkeiten, also hab ich mich ans Klischee gehalten und Fisch bestellt. Und nein, er war nicht roh. Alles auf einem Tablett serviert stand neben dem Fischteller noch eine kleine Schuessel Reis, ein Schuesselchen Suppe und mehrere Schalen mit Beilagen wie kleinem Gemuese und Tofuvariationen. Intersessanterweise wurde der gebratene Fisch als ganzes Stueck serviert und natuerlich gab es nur Staebchen als Besteck. Wie im Reisefuehrer gelesen und mir von Kaisei nochmal bestaetigt, gilt es in solchen Situationen, mithilfe der Staebchen den Fisch in kleinere Portionen zu teilen. Wie ich an Kaiseis Lob erkennen konnte, ist mir das (ohne eine zweite Hand dazuzunehmen) sehr gut geglueckt. Er meinte, dass es gut waere, dass ich es versucht und geschafft habe den Fisch auf diese Weise zu essen. Viele juengere Japaner wuerden immer haeufiger auf Staebchen verzichten. Na, da hat sich das Ueben doch gelohnt, ne. ;) (ja, ich meine dich, danke dir. :)

Dann kam uns die Kultur vor die Nase. Nachdem wir weiter nach Tokio gefahren waren, fanden wir den Sensoji-Tempel in Asakusa. Oder sollte ich besser sagen "Konsumtempel"? Nach dem prunkvollen Eingangstor folgten mehrere Hundert Meter schnurgerade Touristengeldfallen. Da schaut man nicht schlecht, wenn sich zwar in einiger Entfernung das grosse Tempelgebaeude erhebt, man vorher aber noch an Unmengen von Staenden vorbei muss. Soviel Krimskrams (dieses Wort hat sich Kaisei gleich notiert *g* ) findet man ein zweites Mal auch nicht so schnell wieder. Und von ueberall dufteten die Essens-und Naschstaende um die Wette. Eines der Tempelgebaeude war mit Planen verkleidet und so gab sich der Blick auf das Hauptgebaeude erst frei, nachdem man einmal an allen Buden vorbei gegangen war. Dem Temepl fehlt es sicher nicht an Geld - kann mir keiner erzaehlen, dass die daran nicht mitverdienen, wo schon kein Eintritt erhoben wird. Die Fassade machte einiges her, aber trotz des immer praesenten Weihrauchduftes mochte so recht keine religioes-besinnliche Stimmung aufkomemen -zu ueberlaufen ist das Ganze dort. Darueber hinaus liegt die Anlage inmitten der Stadt, umgeben von Neubaublocks und Buerogebaeuden. Kaisei meinte, dass der Tempel eben eher da war als die Stadt - sozusagen selbst Schuld. *g*





der Sensoji-Tempel inmitten der Stadt


Danach machten wir einen kurzen Abstecher ins Postamt, um Geld zu holen -es reicht tatsaechlich eine normale EC-Karte am Automaten. Dann ging es weiter. Ich den halben Hinweg lang eine leere Flasche mit mir rumgeschleppt. Inklusive des Vergessensfaktors bin ich einfach nicht dazu gekommen, sie irgendwie am Bahnhof loszuwerden. Man findet dort erstaunlich wenige dieser Exemplare (und bei uns liegen sie sozusagen auf der Strasse...) . Haengt laut Kaisei mit den Giftgasanschlaegen vor 12 Jahren zusammen. Aus Sicherheitsgruenden wurden Muelleimer wohl verboten.
Jedenfalls versuchten wir mit Bahn und U-Bahn nach Shinjuku zu kommen. Auch Kaisei hat in diesem Verkehrsnetz manchmal seine Schwierigkeiten und seit gestern verweigerten unsere Bahnkarten die Kooperation mit den Einlassautomaten. Dazu gesellte sich akute Verwirrung aufgrund irgendeines Stationsnamens und so verbrachten wir rund eine Stunde mit dem Versuch mit funktionierender Karte in die richige Bahn zu steigen - zwischendurch uebrigens mit freundlicher Unterstuetzung eines Touristenfuehrerbueros.
Schliesslich - inzwischen war es dunkel geworden und Regen hatte eingesetzt - trafen wir doch noch in Shinjuku ein. Und Shinjuku, das ist Reiseprospekt-Tokio in Reinkultur. Durch die Dunkelheit in Szene gesetzt strahlten uns riesige bunte Reklametafeln und massive Wolkenkratzer an. Und endlich verspruehten Neubauten keinen 70er-Jahre-DDR-Charme mehr sondern machten richtig was her - fuer Prospekte eben. Beeindruckt liess ich mich durch die Strassen fuehren und knipste den Akku meiner Kamera runter. Ziel des Weges war das Rathaus von Tokio. Ein grosses Hochhaus, breit und mit einer Doppelspitze oben. Und das Beste: mit einer freibegehbaren Aussichtslounge in einem der obersten Stockwerke. Dort gab es neben den grossen Fenstern noch ein...nennen wir es Heim fuer herrenlosen Konsumschnickschnack (ja, nennen wir es so) und eine Art Buehne mit Klavier und Saengerin, die sich mit dem Ruecken zum Publikum einen abhampelte, waehrend sich die Kellner der dazugehoerigen Bar einen abfeierten - mangels Kundschaft und vielleicht ob der Sangeskuenste der Dame.
Der Anblick des naechtlichen Tokios jedenfalls war klasse. Ueberall Lichter und Aktivitaet, alles bunt und schick. Definitiv ein Ausflugstipp. Unsere Maegen waren trotz eines vorherigen Abstechers in ein Cafe (ich hatte rote, suesse, zu Brei verarbeitete Bohnen und darin eingelegten Reiskuchen. Das Bohnenzeug sah aus und schmeckte aehnlich wie Schokolade) eher auf der unterforderten Seite und so zeigte mir Kaisei eine seiner Lieblingskneipen. Sie bot Okinawa-typische Speisen und Getranke an und war eher eine art enges Restaurant. Ich habe ein so fettiges Stueck Schweinefleisch gegessen, dass ich durch Teller und Tisch auf den Boden sehen konnte. Wieder war das Ding aus einem Stueck, aber weich genug, dass es einer konzentrierten Staebchenattacke nicht allzu lange etwas entgegensetzen konnte. Hinterher war, Schock fuer alle, die mich kennen, eine Art Pflaumenschnaps noetig, inklusive der Problematik der Einbeinigkeit. Kaisei trank etwas, dass er als Sake "nur viel staerker und aus Okinawa" beschrieb. Den Weg zum Zug und eine ganze Reihe Fotos spaeter ging es wieder Richtung Yokohama. Der Weg war nicht uebermaessig schwierig, aber mit ein bisschen Schauen haette ich mich diesmal wohl schon alleine gefunden.












So, das waren die Muelleimer, aber was hat es nun mit dem zweiten Teil der heutigen Ueberschrift auf sich? So desu neeee. Wenn man Rolltreppe faehrt (und gerade in grossen Kaufhaeusern und Bahnstationen faehrt man staendig,) kann man beobachten, wie sich alle brav auf der linken Seite aufstellen und so eine Gasse rechts freilassen, damit in Eile befindliche Personen ueberholen koennen. Wie ich finde aeussert praktisch und von uns auch schon genutzt.
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Gruss
Thomas,
der auf der Ueberholspur

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mach doch mal ein Bild von Kaisei und fotographiere mal, wie er so wohnt. Ersteres ist mittlerweile nötig und zweiteres würde mich interessieren.

Gruß,
Karsten

Sören hat gesagt…

Was denn was denn? In Shinjuku gewesen und nur rumgeguckt? Nicht ma ne Pachinko-Halle besucht? Mal am Automaten gezockt? ^_~ Ist doch das Amüsierviertel, wie ich gehört habe, oder?

Ihr müsst unbedingt noch zur Ginza, nach Akihabara (Technikstadt ^^) und Shibuya (Bitte ne Tonaufnahme machen!!)

Greetz
Der Daheimsitzende

Thomas hat gesagt…

"Nur" ist gut, da schauste ne ganze Weile. DEn Praxistest ueberlasse ich dir dann mal. ;)

Der Rest wird noch in Angriff genommen.